“We have youth, we have friendship and we have plants. They just combine”


Pflanzenseelen ergreifen die schlafenden Körper der Menschen bei Vollmond.

Darum geht es in dem Comic „Las Plantas“, welcher der 17-jährige Florencia (Violeta Castillo) Halt gibt. Die Argentinierin versinkt in ihrer Melancholie, die den ganzen Film über anhält. Immer wenn sie ihren Bruder, der sich im Wachkoma befindet, ansieht, liegt Trauer in ihren Augen. Niemand weiß genau, ob er hören oder sehen, geschweige denn denken kann. Als Flor auch noch von ihrer Verwandten den Sommer über alleine gelassen wird, taucht sie in eine undurchsichtige Gedankenwelt. Alles muss die junge Schülerin allein in den Griff kriegen, denn ihre Mutter liegt wegen Krebs im Krankenhaus.
Um sich von ihrer misslichen Situation abzulenken, liest sie ihrem Bruder aus dem Comic vor. Florencia sehnt sich nach Zuneigung und einem Menschen, der ihr Aufmerksamkeit und ihr ein Gefühl der Selbstakzeptanz schenkt, weshalb sie mit Internetbekanntschaften ihre sexuellen Bedürfnisse auslebt. Die Protagonistin scheint tapfer und selbstbewusst zu sein, doch da sie viel allein ist, zerbricht sie langsam und wird schwächer.

Zuerst muss man sich klar machen, dass es bei „Las Plantas“ nicht um eine spektakuläre Handlung, sondern um das Nahebringen von Florenicas Stimmung geht. Mit atonalen Gitarrenklängen untermalt, werden Szenen in überwiegend dunkelblau-grauen Bildern auf die Leinwand gebracht. Interessant sind die Abschnitte, in denen die Kamera mehrere Sekunden einfach nur auf ein stilles Szenario gehalten wird. Oft wird das Geschehen nicht direkt, sondern in Reflektionen von z.B. Fenstern oder Spiegeln gezeigt. Wahrscheinlich soll das die Vermischung von Realität und Traum darstellen.
Mit im Vordergrund steht der schamlose Umgang mit Nacktheit, vor allem der von Männern. Denn hier hat nicht die Frau, wie es normalerweise in den gängigen Filmen der Fall ist, die Rolle des Sexobjekts und den Ruf der „Leicht-zu-Habenden“, sondern der Mann. Florencia freut sich, dass sie älteren Männern gefällt. Außerdem genießt sie die Unerreichbarkeit, denn wenn sie sich mit ihren virtuellen Liebhabern trifft, trennt sie einer Glastür.
Bei diesem Akt beweist der Hauptcharakter Körpergefühl und Stärke. Das genaue Gegenteil ist nämlich ihr Bruder, der in keinem Glied Spannung hat, was vielleicht auch ein Ebenbild ihrer Gefühlswelt sein kann; die Steifheit, die Verzweiflung und die komplette Abschirmung von der Außenwelt. Möglicherweise möchte uns damit Regisseur Roberto Doveris Flors Inneres zu verstehen geben.

Meiner Meinung nach ist dieser Film wirklich schwer anzusehen. Man weiß nicht genau, inwiefern man sich mit der Hauptdarstellerin identifizieren kann und ob man für sie Sympathie entwickeln soll. Viele Aktionen haben keinen klar erkennbaren Zusammenhang und selten zieht sich ein roter Faden durch das Drehbuch. Dafür, dass der Film den Namen des Comics trägt, wurde die Thematik oder der Zusammenhang zwischen Pflanzen und Menschen zu wenig erläutert. Natürlich fragte jemand aus dem Publikum den Regisseur, warum er Pflanzen eingebaut hätte, was mich auch sehr interessierte. Doch die Antwort war nur mäßig befriedigend: „We have sex, we have youth, we have friendship and we have plants. They just combine”.
14.2.2016, Eva Swiderski

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