Mit löchrigen Jeans durch Bulgarien


Lora wohnt in einem kleinen Dorf in Bulgarien, in dem sich jeder strikt an die Traditionen hält. Das heißt also, dass sich jeder beim Namen kennt. Alle scheinen zu wissen, was das Beste für die Mitbewohner ist.
So auch bei der Protagonistin, deren Vater an einem unerwarteten Herzinfarkt stirbt. Da jedoch das Verhältnis zwischen Vater und Tochter nie besonders eng war, drückt Lora ihre Trauer nach außen hin fast gar nicht aus. Das junge Mädchen trägt gerademal einen kleines, kurzes, schwarzes Tuch als Zeichen für ihr Mitgefühl. Im Gegensatz zu ihrer braven Schwester, lässt das die ganze Situation noch mehr eskalieren. Lora treibt sich, ohne ein Träne zu vergießen, mit Rockmusik in den Ohrstöpseln, bauchfreien T-Shirts und zerrissenen Jeans herum. So lange die Stimmung zwischen ihrem Freund und ihr harmonisch ist, kann Lora nichts aus der Ruhe bringen.
Plötzlich kippt die Vertrautheit zwischen der Hauptdarstellerin und ihren Freunden. Selbst diese beginnen sich über ihre unaufrechte Trauer zu wundern und wollen vorerst nichts mehr mit ihr zu tun haben.
Die Tatsache, dass man auch auf individuelle Art und Weise seine Gefühle ausdrücken kann, wird nicht akzeptiert.

Der als "lobende Erwähnung" ausgezeichneter Film bereitet dem Zuschauer die bulgarische Kultur und Dorftradition auf. Man bekommt viele Bilder von älteren, weinenden Frauen zu Gesicht, was fast schon absurd wirkt. Durch den hohen Anteil von lautstarken weinerlichen Frauen schafft "Zhaleika" eine Distanz zwischen Publikum und Plot.
Die Protagonistin spielt den Charakter sehr überzeugend, sie ist selbstbewusst, stark und philosophisch zugleich. Eigentlich ein Vorbild für jede Emanzipierte Frau.
Trotzdem hat eine bestimmte Sache gefehlt. "Zhaleika" kam mir etwas lang vor. Die Handlung war nicht vielschichtig, wie man es von anderen Berlinalestreifen gewohnt ist. Mit häufig vorkommenden Bildern, z.B. die Szenen, in denen Lora durch das Dorf schlendert, wird eine zähe, langatmige Stimmung erzeugt. Zum Thema mag das passen, doch mir fehlte das gewisse Etwas.
Durch die Mischung aus deutscher und bulgarischer Regieleitung gab es glücklicherweise noch einige witzige Einlagen, die den deutschen Tourismus charmant auf die Schippe nehmen.
"Zhaleika" basiert auf einer tollen Idee, weswegen der Film auch zurecht die lobende Erwähnung bekommen hat. Allerdings würde ich den Film nicht als "Must-see" einstufen, da es an Facettenreichtum fehlt. Die Umsetzung hätte noch spannender gestaltet werden können.
28.2.2016, Eva Swiderski

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